„Tracht gibt ein Gefühl von Sicherheit“

Trachtenhersteller Wenger Austrian Style

Seit sie denken kann, trägt sie Dirndl: Julia Buchfink, Geschäftsführerin des Trachtenherstellers Wenger Austrian Style, über Qualität und wie man sie erkennt, angesagte Styles und solche, die immer gehen …

Julia Buchfink, Geschäftsführerin des Trachtenherstellers Wenger Austrian StyleAls Julia Buchfink ihre Matura in einem schwarzen Samtdirndl, geschmückt mit Swarowski-Steinen, ablegt, war das eine Besonderheit. Nicht nur die pompöse Robe per se – sondern, auch die Tatsache, dass Tracht zum Schulabschluss in Österreich noch nicht als Standard galt. Zumindest nicht für die Allgemeinheit. „Ich bin schon immer mit Dirndl unterwegs gewesen. Egal wie alt ich war – auf Klassenfotos bin ich die Einzige in Landhausmode“, erzählt Julia Buchfink stolz. Unangenehm war ihr das nämlich nie. Im Gegenteil: Im Dirndl fühlt sie sich immer schön – und emotional zu Hause. Denn als Geschäftsführerin in dritter Generation des Familienunternehmens Wenger Austrian Style assoziiert Julia Buchfink Tracht mit „Heimat, langjähriger Tradition und einem einzigartigen Lebensgefühl.“ Eines, das Trachtenmode – gerade heute – relevanter macht, denn je …

Frau Buchfink, welche Bedeutung hat Tracht aktuell?
Als Festmode wird sie von fast allen mit ausgelassener Stimmung und positiven Zeiten verbunden. Außerdem gibt sie ein Gefühl von Sicherheit sowie Orientierung – Werte und Emotionen, nach denen wir uns gerade nach der Pandemie sehnen.

Was macht Ihre Dirndl besonders?

Qualität, die auf Handarbeit, Regionalität und Nachhaltigkeit basiert. Wir beziehen alle Rohstoffe von europäischen Firmen und produzieren nur auf Bestellung. Unsere Schnitte werden so angelegt, dass sie jeder Körperform passen und mindestens eine Größe rausgelassen werden kann. Das macht unsere Teile besonders langlebig.

Woran erkennt man gute Dirndl?

Leider am Preis – unter 200 Euro sollte der nicht liegen. Handgemachte Verzierungen, Naturmaterialien wie Leinen oder Baumwolle, aber auch die Fertigung in Europa – das wird übrigens im Etikett angegeben – sind nun mal kostspielig. Trotzdem brauchen wir die Konkurrenz aus China. Weil Tracht auch denen zugängig sein sollte, die wenig Geld haben, und auch, um ein diverses Bild auf dem Oktoberfest zu kreieren.

Welche Trends sind da aktuell zu erkennen?
Grundsätzlich geht es bei Tracht eher um Tradition – was aber gerade gefragt ist, sind hochgeschlossene Dirndl, die man auch ohne Bluse tragen könnte, sowie Samtdirndl. Ich denke, dieser Trend kommt aus dem Interior-Bereich.

Welches Dirndl ist ein Klassiker?
Eines in Tannengrün, Blau oder Grau – diese Farben kann man je nach Anlass zu fast allen Schürzenfarben und Blusen-Styles kombinieren. Zwecks Materialien empfehle ich Baumwolle oder Leinen, das lässt sich angenehm tragen und außerdem super waschen.

In der Reinigung, oder?
Nicht unbedingt – man kann Dirndl auch selbst waschen: auf links gedreht, bei 30 Grad und 300 bis maximal 600 Umdrehungen. Allerdings nur, wenn Rock und Oberteil nicht zu unterschiedlich aussehen – ansonst könnten die Farben ausbluten.

Wie viele Dirndl besitzen Sie?
Anderthalb Kleiderschränke voll (lacht). Ich muss mal wieder aussortieren und ein paar – im Sinne des Nachhaltigkeitsgedankens – an Freundinnen abtreten.


Seit 1920 schneidert die Familie Wenger Trachten und seit 1961 produziert die Firma Wenger Dirndl, Blusen, Trachtenkleider, Damenmieder, Röcke und Jacken in Obernberg am Inn.