Duft-Garderobe – Wie man seinen Lieblingsduft findet

Wie man seinen Lieblingsduft findet

Sie verraten eine Menge über den Zeitgeist und über uns selbst: Warum Parfums unsere Stimmung beeinflussen, wie man sie gekonnt einsetzt und wie man seinen Lieblingsduft findet, erklärt Parfum-Manufaktur-Chefin Ursula Lengling

Ursula Lengling: Ich bin ein Fan davon, sich eine Duftgarderobe zuzulegen – man zieht sich ja auch nicht jeden Tag gleich an.
Ursula Lengling: Ich bin ein Fan davon, sich eine Duftgarderobe zuzulegen – man zieht sich ja auch nicht jeden Tag gleich an.

Ein guter Duft ist wie ein gutes Dirndl: klassisch – und dennoch nah am Puls der Zeit. Was sich an den aktuellen Parfumtrends über den Zeitgeist ablesen lässt, weiß Ursula Lengling, Gründerin der Parfum-Manufaktur Lengling Munich: „Gerade sind selbstbewusste Düfte gefragt. Man spürt die Lust der Menschen auf Opulenz, Feiern und Selbstausdruck.“ Dabei setze man anders als früher nicht auf eine „In“-Nuance, die sich in allen Düfte wiederfindet. „Es ist anders als etwa zur Hippiezeit, wo alles nach Moschus roch. Parfumkompositionen sind heute viel diverser, weil unsere Gesellschaft Vielfalt zelebriert“, erklärt die Unternehmerin aus München. Welches Parfum man wählt, hängt also mehr denn je davon ab, was man ausdrücken möchte. Denn ähnlich wie Tracht, kann auch das Duft-Outfit je nach Ausführung eine andere Ausstrahlung verleihen.

Frau Lengling, welche Duftnuancen kommen aktuell besonders gut an?
Edle Rose und Iris, oftmals kombiniert mit balsamisch süßen bis hin zu würzig herben Noten wie Patschuli. Und Vanille! Die ist ein Evergreen und gerade wieder der absolute Renner.

Wie wirkt Vanille auf unsere Psyche?
Beruhigend und harmonisierend. Das ist schon seit der Kindheit in uns verwurzelt, denn Muttermilch duftet zart vanilleartig oder auch nach Weihnachtsplätzchen. Wir verbinden Vanille mit Geborgenheit.

Warum wecken Düfte bestimme Assoziationen?
Wenn wir riechen, gelangen Duftmoleküle als Sinnesreiz in den Bereich des Gehirns, der sich limbisches System nennt. Dieser Bereich ist für Instinkt, Gefühle und Erinnerungen zuständig. Daher speichert das Gehirn Düfte nicht nur als Geruch, sondern auch als Emotion ein – oder ruft sie als solche ab.

Also kann man sich eine Außenwirkung aufsprühen?
Jein, eher eine Stimmung. Denn die Geruchswahrnehmung ist individuell. Jeder und jede von uns hatte andere Dufterlebnisse in der Kindheit und somit eine andere Dufthistorie. Aber man kann sich eine Stimmung aufsprühen und sich damit selbst stärken. Und das strahlt man dann auch nach außen aus.

Welchen Duft sollte man wählen, wenn man etwa im Büro als besonders tough wahrgenommen werden will?
Man könnte Parfums verwenden, die kulturell gelernt als eher maskulin gelten. Also Düfte mit Tabak oder Leder. Das funktioniert allerdings nur, wenn man sich damit auch wohlfühlt.

Und welche Noten machen verführerisch weiblich?
Vor allem berauschende Blütendüfte wie Rose und Jasmin. Ylang-Ylang kommt auch sehr sinnlich rüber, genauso wie feurige Noten mit schwarzem Pfeffer oder Ingwer. Und natürlich intensive orientalische Aromen wie Oud und Moschus oder auch süße Gourmand-Düfte.

Und wenn man es dezenter mag?
Dann setzt man auf frische oder transparent florale Düfte. Die wirken klassisch und stilsicher wie ein toller Hosenanzug.

Was wäre denn das olfaktorische Pendant zum Dirndl?
Man könnte sich von der alpinen Welt inspirieren lassen – und die kann mehr als Zirbenduft. Ich denke an grüne, frische Wiesen, blumige Facetten, fruchtige Waldbeeren-Aromen, aber auch an holzige Düfte der Wälder, an Kräuter oder rauchige Noten. Das Repertoire ist groß, und nicht jedes Dirndl gleich. Man muss sich fragen, was man möchte.

Wie viele Düfte braucht man?
Düfte kann man nie genug haben (lacht). Ich bin ein Fan davon, sich eine Duftgarderobe zuzulegen – man zieht sich ja auch nicht jeden Tag gleich an. Ein weiterer Vorteil von mehreren Parfums: Der Gewöhnungseffekt der Nase stellt sich nicht ein. Man stumpft gegenüber Lieblingsdüften nicht ab.

Wie findet man solche Lieblingsdüfte?
Grundsätzlich rate ich, über sich selbst nachzudenken: Liebe ich süße Naschereien? Mag ich orientalisches Essen und Gewürze oder bin ich eher nordisch kühl und frisch? Fahre ich gern in den Süden? Welche Natur gefällt mir? Und auch auf den Kleidungsstil schauen: Bin ich eher natürlich sportlich? Trage ich oft romantische Kleider? Dann lässt man sich in einer Parfümerie beraten.

Ihre Tipps zum Duft-Shopping?
Das Wichtigste ist, sich ausreichend Zeit zu nehmen. Und es kommt aufs Timing an: Idealerweise geht man vormittags los, da ist die Nase etwas aufnahmefähiger. Leichte Hungergefühle vor dem Mittagessen steigern die Geruchswahrnehmung. Zu hungrig sollte man aber nicht sein, sonst wird man ungeduldig (lacht).

Wo teste ich Parfums: Papier oder Haut?
Die Vorauswahl auf dem Papier und danach immer auf der Haut, die ist nämlich bei jedem anders. Dazu kommt der individuelle Körpergeruch, der von unseren Genen abhängt und von vielen Faktoren beeinflusst wird, wie Körperhygiene oder Ernährung. Der mischt sich dann mit dem Parfum.

Woran erkenne ich einen guten Duft?
Ein gutes Parfum sollte auf der Haut möglichst lange halten, ein Eau de Toilette circa drei und ein Eau de Parfum mindestens fünf Stunden. Außerdem sollte der Duft während des Verlaufs seinen Grundcharakter behalten. Ob der einem gefällt, kann man übrigens schon beim ersten Sprühen entscheiden, das limbische System springt nämlich direkt an. Der persönlich beste Duft ist immer der, der einem spürbar Freude bereitet – wie das passende Outfit auch.

Wie man seinen Lieblingsduft findet

Hoch im (Schnupper-)Kurs

1 Holzig floraler Duft wie ein romantisches Kleid: „Paris mon Amour“ von Birkholz (50 ml EdP ca. 225 €)
2 Rose, Hölzer und Karamell duften lieblich elegant: „Glorya Day“ von Lengling (50 ml Parfum ca. 235 €)
3 Verführt mit Rose, Ylang-Ylang und Tonkabohne: „Nabro“ von Azya (100 ml EdP ca. 195 €)
4 Supersüß, aber trotzdem elegant: „Beach Please – Eau de Parfum” mit Vanille von Kersy Strauss (15 ml EdP ca. 40 €)
5 Stark dank Leder und Pink Pepper: „Noche de Coca“ von Casa de Coca (50 ml EdP ca. 130 €)
6 Duftet nach klarer Bergluft: „Chaleureux“ mit Zirbe, Muskatnuss und Lavendel von Arve (50 ml EdP ca. 155 €)
7 Leicht und aquatisch mit Zitrusnoten: „Dreamz“ von L’Ateliero (50 ml Extrait de Parfum ca. 89 €)
8 Spritzige Mandarine mit rauchigen Akzenten: „Sunlit Clementine & Vetiver“ von Molton Brown (100 ml EdP ca. 130 €)
9 Scharfer Ingwer trifft Kakaobohne und Vanille: „Love Delight“ von Amouage (100 ml EdP ca. 365 €)
10 Frisch und dennoch warm mit Zedernholz: „Lindauer Löwe 08“ von Kriegler (50 ml EdP ca. 440 €)

Foto: Stefan Pabst. Produktion: Oliver Rauh