Er macht Körper, Geist und Seele fit, ist aber immer schwerer zu bekommen: gesunder Schlaf. Warum die Nachtruhe so wichtig für den Organismus ist, wie man sie unterstützen kann und warum Trends wie Sleep-Tracker kontraproduktiv sind
Eigentlich wissen wir das, was Gesundheitsexperten aktuell predigen und neueste Studien belegen, schon lange: Ein gesunder Schlaf trägt maßgeblich zum Wohlbefinden bei. Man denke nur an die erhöhte Reizbarkeit nach einer (zu) kurzen Nacht oder die Erkältung, die nach einem Feier-Wochenende erst richtig ausbricht. „Im Schlaf regenerieren sich der Hormonhaushalt, der Stoffwechsel sowie das Immunsystem“, sagt Dr. Peter Gartner, Arzt und medizinischer Leiter des Park Igls Medical Wellness Resorts bei Innsbruck. „Gleichzeitig laufen wichtige Aufbau- und Neustrukturierungsprozesse, welche die Knochen stärken, Muskeln aufbauen und sogar die Bildung neuer Mitochondrien – die Kraftwerke in unseren Zellen – anregen“, so der Mediziner. Ganz zu schweigen von der Informationsverarbeitung des Erlebten im Gehirn.
Moderne Ruhestörer
Kein Wunder also, dass Schlaf als eine der wichtigsten Säulen für einen leistungsstarken Kopf, ausgeglichenen Organismus und überhaupt ein langes, gesundes Leben – oder Longevity, wie die Profis neuerdings sagen – immer mehr in den Vordergrund rückt. Das Problem: Gerade heute, wo wir aufgrund des kontinuierlichen Reiz-Overloads das nächtliche „Resetten“ besonders nötig hätten, fällt es vielen immer schwerer, abzuschalten und zu schlafen. „Stress führt zur erhöhten Produktion der Substanz Interleukin-6, einem entzündungsfördernden Protein, das mit Schlafstörungen in Zusammenhang steht“, erklärt Dr. Gartner. Hinzu kommt der moderne Lifestyle mit viel Koffein, Alkohol – und verarbeiteten Lebensmitteln, die uns als gesund verkauft werden: Protein-Produkte mit künstlichen Süßstoffen, Veggie-Nuggets voller Fett und Zucker oder „grüne“ TK-Gerichte mit kryptischen Zutatenlisten.
Als Betthupferl tabu
„Die Ernährung spielt eine große Rolle für die Nachtruhe, weil sie nicht nur die Verdauung, sondern unter anderem auch den Blutdruck, Insulinspiegel und Nährstoffhaushalt beeinflusst und innere Entzündungen vermeiden kann“, erläutert Dr. Peter Gartner. Besonders relevant: das, was wir kurz vor dem Zubettgehen essen. Und da steht Zucker ganz oben auf der roten Liste. Der Grund: „Süßes kann unser Nervensystem aus dem Gleichgewicht bringen und somit wach machen“, weiß der Experte. „Außerdem löst es genauso wie Fettes oder Scharfes oft Sodbrennen aus, was genauso den Schlaf stört.“ Suboptimal am Abend seien auch rohe Lebensmittel wie Obst oder Salat und Knoblauch (Stichwort Gärungsprozesse). Schlaf-Booster sind hingegen Bananen, Walnüsse, Cashewkerne, Eier und grünes Blattgemüse (gekocht). Denn sie enthalten viel entspannendes Magnesium oder Tryptophan, das in unser Schlafhormon Melatonin umgewandelt werden kann.
Kein Licht ins Dunkel
Apropos: Damit unser Körper Melatonin bilden kann, braucht er einige Grundvoraussetzungen. Zum Beispiel, dass kein helles Licht mehr in die Augen kommt. Ideal wäre es zu später Stunde also, statt heller Deckenlampen nur noch sanftere Beleuchtung anzuknipsen – und grelle Handydisplays (wenn man sie unbedingt benutzen möchte) auf Nachtmodus zu schalten. Was ebenfalls hilft, die Melatonin-Produktion am Abend anzukurbeln: Tageslicht am Morgen. Es signalisiert dem Körper, dass er mit der Cortisol-Produktion starten kann – und circa acht Stunden, nachdem unser Stresshormon als Gegenspieler von Melatonin erstmals einen Peak hatte, wird die Ausschüttung des Letzteren gestartet. „Ein Spaziergang oder sportliche Aktivität im Freien ist also ein perfekter Start in den Tag und verbessert die Schlafqualität“, meint der Arzt.
Smart Supplementieren
Und wenn die Nachtruhe trotzdem ausbleibt? Ganz wichtig: nicht stressen! Denn dann starte eine Spirale und man kommt erst recht nicht zur Ruhe. „Außerdem kann der Organismus bis zu vier Wochen lang dreimal wöchentlich nicht ein- oder durchschlafen durchaus tolerieren“, beruhigt Peter Gartner weiß. Alles, was über vier Wochen hinausgehe, könne man beim Arzt abchecken lassen: „Bei der labormedizinischen Abklärung von Schlafstörungen werden u.a. rote und weiße Blutkörperchen, Entzündungsparameter, Melatonin-Spiegel, Schilddrüsenhormone, Leberwerte, Blutzucker und Langzeitzucker, Cortisol, Eisenwerte, Vitamin D, B12 und B9 sowie Nierenwerte kontrolliert.“ Letztere haben – so gezielt eingesetzt – mehr Sinn, als die derzeit angesagten Multi-Sleep-Supplements, die viel zu niedrig dosiert sind und etwaige Mängel nicht ausgleichen können.
Powernap statt HighTech-Gadgets
Von welchem Trend der Mediziner außerdem abrät: Schlaf-Tracker. „Wer seine Nachtruhe mit Apps und Hightech-Gadgets überwacht, spielt damit seinem Unbewussten – das übrigens nie schläft – einen bösen Streich. Das Unbewusste beginnt nämlich, das Schlafverhalten, einschließlich nächtlicher Wachphasen, ins Bewusstsein zu tragen. Dann hat man das Gefühl, noch schlechter geschlafen zu haben.“ Wer will, könne nach einer schlechten Nacht einen maximal sechs- bis zehnminütigen Powernap (sonst schläft man zu tief) einlegen. Der gleiche zwar keinen Schlafmangel aus, trage aber zur Erholung bei und sorge für eine Mini-Entspannungspause im Alltag. Und die tut in jeder Hinsicht gut!

Schön im Schlaf
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Rund um die Uhr
Unser Schlaf durchläuft verschiedene Phasen: Einschlafen, leichter Schlaf, Tiefschlaf und REM-Schlaf. Ein Zyklus dauert etwa anderthalb Stunden, weshalb viele nach sechs oder siebeneinhalb Stunden Schlummern fitter sind als nach glatt sieben.