Designerin Annina von Pfuel erobert mit bayerischer Trachtenmode die britische Hauptstadt. Hier gibt sie exklusive Einblicke in ihr Label „Annina“ und verrät, warum sie auf „Slow Fashion“ setzt.
Bayerische Eleganz und britischer Charme: Was haben Dirndl und London gemeinsam? Eine überraschend gute Verbindung, wie Annina von Pfuel beweist. Als selbstständige Kostümbildnerin war sie jahrelang für internationale Produktionen in den Bereichen Oper, Musikvideos, Film und Mode tätig, bis sie sich 2020 entschloss, ihr eigenes Trachtenlabel zu gründen. Inzwischen hat „Annina“ einen festen Platz in der britischen Modemetropole gefunden – und das in einem eleganten Showroom im Herzen Londons im exklusiven Stadtteil Holland Park.

Frau Pfuel, wie kame Sie auf die Idee, ein Trachtengeschäft in London zu eröffnen?
Ich lebe seit meiner Studienzeit in London und habe dort als Kostümbildnerin für die Oper gearbeitet. London ist sehr international und meine Freunde haben sich immer Dirndl bei mir ausgeliehen und sich Tipps geholt, wie man diese richtig stylt. Als im Lockdown keine Opern oder Theaterstücke produziert werden konnten und ich meine Werkstatt weiterhin beschäftigen wollte, habe ich angefangen, Dirndl zu entwerfen und zu vertreiben. Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich die Kostümbildnerei aufgegeben habe.
Wie ist die Resonanz auf das Dirndl in der britischen Hauptstadt?
Ich habe schnell gemerkt, dass es in London eine große Nachfrage nach Dirndln und auch nach meiner „trachtigen” Kollektion gibt. Das hängt sicher mit dem „Cottagecore“-Trend zusammen, der Sehnsucht nach dem Leben auf dem Land und romantischer Mode. Ich beobachte aber auch, dass die Leute immer mehr nach „Slow Fashion“ suchen, nach durchdachtem Design und handwerklicher Qualität. Die großen Marken bieten immer weniger davon an und verlangen immer mehr dafür, was viele desillusioniert.
Wann haben Sie Ihr Label gegründet und welche Kollektionen entwerfen Sie?
Das Label habe ich in 2019 gegründet und anfangs nur an Freunde verkauft. Die Entscheidung, das hauptberuflich zu machen, fiel in 2020. Meine Kollektionen gliedern sich in drei Bereiche: Tracht, Ready-to-Wear und Brautmode. Die Tracht umfasst Dirndl, Dirndlblusen und Janker, während die Ready-to-Wear-Mode von nostalgischen Silhouetten inspiriert ist. Bei der Brautmode fertigen wir sowohl Brautkleider und Anzüge als auch Partykleider an.
Woher beziehen Sie die Stoffe und Zutaten wie etwa Borten und Knöpfe?
Meine große Leidenschaft ist das Sammeln der Materialien. Da wir in kleinen Mengen produzieren, verwende ich gerne alte und antike Stoffe, Bänder, Knöpfe etc. Diese finde ich auf Auktionen, bei Händlern und manchmal auch auf Flohmärkten. Natürlich arbeiten wir auch mit Webereien und Druckereien zusammen, die sich auf Trachtenstoffe spezialisiert haben. Mir ist es sehr wichtig, Tradition und Handwerk am Leben zu erhalten, deshalb schaue ich mir bei meinen Lieferanten auch an, wo und wie die Materialien hergestellt werden. Es gibt Familienbetriebe, die ihr Handwerk schon in der 18. oder 19. Generation führen. Die Produkte haben eine Qualität, die man sonst nicht mehr bekommt, weil die Herstellungsmethoden nicht mehr existieren.
Was ist das Besondere an Ihren Dirndln?
Ich glaube, meine Nische ist, dass meine Dirndl ein bisschen „retro“ sind. Ich liebe alte Heimatfilme und Kostümgeschichte, was sich auch in meinen Entwürfen widerspiegelt. Ich bin in Bayern aufgewachsen und hatte schon immer einen Faible für Vintage-Dirndl oder habe Erbstücke getragen. Ein weiterer Aspekt ist die Exklusivität, denn unsere Dirndl werden in kleinen Stückzahlen von Hand gefertigt. Jedes Detail wird mit viel Liebe und Sorgfalt ausgewählt, was jedes Dirndl einzigartig macht. Das gefällt unseren Kunden.
Zu welchen Anlässen werden Ihre Dirndl und Trachten getragen?
Ich habe sowohl legere, rustikale als auch elegante, extravagante Dirndl in meiner Kollektion. Meine Dirndl werden zu Waldfesten, Hochzeiten, Weihnachtsfeiern, zum Oktoberfest, zu Festen und einfach im Sommer auf dem Land getragen. In Österreich und Bayern kann man meine Dirndl auch im Alltag tragen. Im Rest der Welt ist das Dirndl als Alltagskleidung fehl am Platz. Deshalb habe ich meine Kollektion um mehr „alltagstaugliche” Trachten erweitert.
Mit welchen Schuhen und Accessoires stylen Sie Ihre Dirndl?
Ich mag antiken Schmuck, vor allem am Abend. Bei den Schuhen bin ich kein Fan von Stilettos zum Dirndl. Wenn ich Absätze zum Dirndl trage, dann sind es Schuhe mit Blockabsätzen oder kleinen schmalen Absätzen. Ich kombiniere meine Dirndl gern mit Ballerinas oder Cowboystiefeln.
Was sind die Dirndltrends für 2025?
Dieses Jahr interessieren mich Dirndl mit Ärmeln, also ohne Blusen, und auch zweiteilige Dirndl. Ich liebe Schottland und möchte gerne Tweeds und Tartans in meine Kollektion aufnehmen. Außerdem werde ich verschiedene Dirndl-Silhouetten entwickeln, die man bis jetzt kaum sieht. Strick wird auch eine Rolle spielen.
Wer hat Ihren Showroom im Stadtteil Holland Park eingerichtet?
Das Interior-Design stammt von Isabella Worsley, deren Projekte ich schon lange bewundere. Sie hat meine Vorstellungen fantastisch umgesetzt. Ich wollte einen Raum schaffen, der an ein elegantes Bauernhaus in Bayern oder Österreich erinnert. Die ersten beiden Bereiche des Showrooms wirken eher wie Wohnräume, komplett mit Holz verkleidet und von der bayerischen Künstlerin Nora Percy traditionell bemalt. Im hinteren Teil befindet sich die Ankleide, die wie ein Boudoir gestaltet ist.
Claudia Schiffer trägt Dirndl aus Ihrer Kollektion. Wie ist die Zusammenarbeit mit ihr?
Es ist immer eine große Freude, mit Claudia zu arbeiten. Sie hat einen tollen Geschmack und ist sehr kreativ. Ihre Ideen inspirieren mich für meine Kollektionen und die Dirndl sehen an ihr fantastisch aus.






Gut zu wissen
Annina
8 Clarendon Cross
Holland Park
London W11 4AP